1. August-Rede von Maja Hiltebrand

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer

 

Ich heisse Maja Hiltebrand, gehöre der Sozialdemokratischen Partei Klotens an und bin 55. Ich, freue mich bei Ihnen die 1. Augustansprache im Pflegezentrum Spitz halten zu dürfen. Als 1. Vizepräsidentin vom Gemeinderates ist es in Kloten Tradition im Pflegezentrum im Spitz zu reden und im Folgejahr, dann als Gemeinderatspräsidentin auf dem Stadtplatz an der städtischen Feier.

 

Während den letzten Jahren habe ich Gelegenheit gehabt die Reden von mehreren meiner Vorgängerinnen und Vorgängern mit zu verfolgen und mich gedanklich darauf einzustimmen.

 

Viele Themen gingen mir durch den Kopf, verschiedenes habe ich wieder gestrichen. Vor einer Woche begann ich dann mit den ersten Sätzen.

 

Ich möchte Ihnen zuerst erzählen, wie ich den 1. August unterschiedlich erlebte habe. Mal mehr und mal weniger feierlich.

 

In Kindertagen befanden wir uns oft in Österreich auf Zeltplätzen. Meist haben sich die Schweizerinnen und Schweizer gefunden und sie setzten sich meist gemütlich zu einem Grillabend zusammen. Wir Kinder durften mit Leuchtzündhölzern schnelle Bewegungen machen, bis wir Angst bekamen, die Finger zu verbrennen oder, wir wanderten mit Lampions über den Zeltplatz. Da und dort wurde etwas teures Feuerwerk abgebrannt.

 

Mit meiner eigenen Familie zelteten wir viele Jahre am Neuenburgersee. Unsere beiden Töchter beteiligten sich jeweils am Surfstech-wettbewerb. Dort ist es drum gangen auf einem Surfbrett stehend, den Gegner mit einer Stange, vom Brett hinunter zu stossen. Hinter den Kämpfenden ist jeweils jemand mit Paddel gesessen und sorgte dafür, dass ein Kampf überhaupt möglich wurde. In der Rückschau bewundere ich meine Töchter sehr, welche das Wagnis auf sich genommen haben und sich ihren Gegnern gestellt haben.

 

Da wir nie wirklich Freude am Klöpfen und Tätschen von Raketen hatten, verfolgten wir in meist in Grandson an der Uferpromenande die Feuerwerke der Seeanstossenden Gemeinden. Meist hat mein Mann ein paar Vulkane abgebrannt und unsere Mädchen erhielten, wie zu meiner Zeit die Leuchtzündhölzer.

 

Dann kam eine kleine Hundedame in unsere Familie. Damit fanden die Zeltferien am Neuenburgersee ihr Ende, dort waren keine Hunde erlaubt. Da Nasca bei dem Lärmen und Krachen Angst bekam, entschloss ich mich öfters den 1. August im Schwarzwald zu verbringen. Das ist zwar nicht allzu feierlich gewesen, aber viele Schweizer Hündeler verbringen dort ruhige Wandertage ohne gestresste Tiere trösten oder sie wieder aus Verstecken hervorlocken zu müssen.

 

Wenn Sie sich fragen, weshalb an den offiziellen Klotener 1. August-feiern sei es auf dem Stadtplatz, in Gerlisberg oder auch hier relativ wenige Egetswiler teilnehmen, dann verrate ich Ihnen das Geheimnis.

In Egetswil, wo ich aufgewachsen bin und auch heute noch wohne, treffen sich am Morgen meist ein paar Familien mit Traktor und Wagen, fahren in den Wald und sammeln Holz für das Augustfeuer. Dann setzen sich die Dorfbewohner zu einem lockeren Abendessen zusammen, wo jeder sein Essen und Geschirr selber mitbringt und sein Fleisch auf einem bereitstehenden Grill brätlet. Wenn‘s dunkel genug ist, wird das Feuer angezündet und daneben das Feuerwerk abgelassen. Übrigens ist in Egetswil eine neue Tradition ist am Entstehen: Es wird Spanferkel gegrillt, dazu ist jedoch eine Anmeldung nötig.

 

Sie hören daraus, dass ich den 1. August zwar meistens in einer Form feierte, jedoch nicht allzu pathetisch!

 

Ja, und dann ist es langsam ernst geworden. Der 1. August ist immer näher gekommen. Eines Tages Anfang Juli ist Erika Glückler bei meiner Arbeitsstelle im Sekretariat der Ref. Kirchgemeinde Kloten vorbeigekommen. Scheu fragte sie mich, ob ich schon ein 1. August-abzeichen hätte. Als ich dies verneinte, schenkte sie mir spontan ein Abzeichen der Pro Patria. Dieses Jahr werden mit dem Erlös vom Abzeichenverkauf die alpinen Kulturlandschaften unterstützt.

 

Ich bin heute also bestens gerüstet mit dem offizielle Bundesfeierabzeichen, den offiziellen Stadt Kloten Pin- Damit die Zahl ungerade wird habe ich noch meinen Parteikleber von der SP dazugenommen.

In meiner Generation war es noch gang und gäbe, dass wir schulklassenweise jeweils mit Pro Juventute oder Pro Patria Marken von Tür zu Tür gegangen sind und die Markenheftli an Frau oder Mann, sprich Eltern und Nachbarn verkauft haben. Schon damals sträubten sich etliche Klassenlehrer dagegen, dass ihre wertvolle Untizeit für solche gemeinnützigen Angelegenheiten gebraucht werden sollte. Heute wird das kaum mehr gemacht, das bedauere ich sehr, denn wir lernten so, Geld zu verwalten und zu verkaufen, sprich die überzeugendsten Sprüchli aufzusagen. Etwas, was mir doch etwas gebracht hat.

 

Ich habe dann ein wenig geschmöckert auf der Pro Patria Homepage. Was meinen Sie, was ich dort fand?

 

Unter Gesuche heisst es doch tatsächlich, dass ab Dezember 16 bis September 17 keine Gesuche für den Erhalt von Spendenbeiträgen gestellt werden können, weil das Reglement überarbeitet würde!

Das hat mich ehrlich gesagt, befremdet. Aber als SP Gemeinde-Politikerin hätte mich nicht wirklich wundern dürfen. Immer schwieriger gestaltet es sich für Kulturelle- oder Hilfsprojekte Geld bewilligt zu kriegen.

 

Solidarität mit anderen ist mir wichtig. Sei es im In- wie auch mit dem Ausland. Gerade wir Klotener reisen in alle Richtungen und verbringen unsere Ferien gern weit weg von da. Einerseits geniessen wir die ursprünglichen Landschaften, Grossstädte, die andersartige Lebensart oder einfach die Ruhe ohne Fluglärm im 90 -120 Sekundentakt.

 

Uns geht es im Vergleich mit anderen Ländern gut. Aber wenn wir genau hinsehen, stellen wir fest, dass unsere Arbeitsstellen je länger je weniger einfach als gesichert, angesehen werden können. Unsere jungen Leute haben Mühe nach der Lehre oder einem Studium geeignete Vollzeitanstellungen zu finden. Gerade im Pflege- oder Gesundheitsbereich heisst vielmals, dass 50-60% oder max. 80% führen zu frühen Berufswechseln oder Austritten. Praktikumstellen von 6 Monaten über mehrere Jahre für Uni-, Fachhochschul- und ETH-Absolventen sind heute Realität. Beschäftigte über 50 Jahren haben kaum mehr Chancen für einen Stellenwechsel oder eine gute Neuanstellung ohne massive Lohnreduktionen hinnehmen zu müssen.

 

Zwar greifen langsam die Gleichstellungsgesetze. Bei Scheidungen werden die angesparten Altersguthaben hälftig aufgeteilt. Aber heute sind immer noch öfters Frauen von Altersarmut betroffen als Männer. Frauen haben aufgrund ihrer familiär bedingten beruflichen Biographie meist nur geringe Pensionskassenrenten. Und auch die Einzahlung in private Vorsorgelösungen ist ihnen nicht möglich gewesen, da sie kaum verfügbares Geld dazu hatten.

 

Vielleicht haben Sie auch schon gehört von Männern, welche bis 65 arbeiten wollen, weil sei bei der Scheidung die Hälfte der Pensionskasse an die Exfrau abtreten mussten!

 

Bei den letzten AHV-Revisionen gab es Verbesserungen für die Frauen wie Betreungsgutschriften und die Mutterschaftsversicherung. Dies wurde aber mit der Erhöhung des Frauen-Rentenalters von 62 auf 64 Jahre finanziert. Bei der Abstimmung im September steht unter anderem die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre an. Es geht aber auch darum, die beiden Vorsorgearten besser aufeinander abzustimmen. Während bei die Pensionskassenrenten sinken werden, wird es im AHV-Bereich zu einer moderaten Stärkung kommen für NeurentnerInnen. Zudem soll ein Mehrwertsteuerprozent der AHV zufliessen. Da der Sockelbetrag bei der Pensionskasse gesenkt wird, werden zukünftig mehr teilzeitarbeitende Frauen und Männer eine Pensionskassenrente erhalten.

Mitte Dezember 16 erhielt ich einen entrüsteten Telefonanruf einer Rentnerin. Es sei ungerecht, dass neue Rentnerinnen in den Genuss von Fr. 70 pro Monat kommen und Bisherige leer ausgingen, die SP müsse doch etwas unternehmen!

 

Ja, auf den ersten Blick fühlt sich das ungerecht an. Aber die bisherigen Renten werden nicht angetastet. Für diejenigen von uns, welche noch im Arbeitsleben tätig sind, bedeutet es aber weniger hohe Pensionskassenrenten. Damit diese Einbusse minimal, ich sage bewusst minimal, abgefedert werden kann, erhalten Neurentnerinnen diese Fr. 70 oder Ehepaare neu eine 155% AHV-Rente.

Die Schlussabstimmung im Parlament fiel denkbar knapp aus. Namentlich die FDP und auch die SVP machten geltend, dass keine neuen Geschenke verteilt werden könnten. Ja, dass der Rentenbezug auf 67 Jahr oder sogar 70 Jahre verschoben werden müsse, damit die Jungen auch noch etwas erhielten.

Auch Jungsozialistinnen vor allem aus der Westschweiz, können dieser Reform nicht viel abgewinnen. Dass die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern immer noch nicht verwirklicht sei, ist ihr Argument.

 

Bei der Urabstimmung innerhalb der SP Schweiz haben 96% der Abstimmenden der Vorlage zugestimmt. Es ist die momentan bestmögliche Vorlage, welche die AHV- und Pensionskassenrenten für die nächsten Jahre sichert.

 

Die Themen AHV und Pensionskassen werden in der Schweiz regelmässig wieder aufgenommen. Eine Ablehnung dieser Reform bringt aber hauptsächlich die Pensionskassen in Not. Sie schaffen es kaum mehr so hohe Renditen wie vor 5-10 Jahren für den gesetzlich vorgeschriebenen regulären Pensionskassenbereich zu erzielen. Im überobligatorischen Bereich ist die Verzinsung bereits bei vielen Pensionskassen massiv gesenkt worden.

 

Mit Erstaunen vernahmen wir vor zwei drei Wochen, dass die Export-Wirtschaft so gut brummt wie seit Jahren nicht mehr. Das steht im Wiederspruch mit den üblichen Schlagworten wie grosser Kostendruck, Frankenstärke, Digitalisierung 4.0 und Auslagerungen

Optimierungsprogramme jagen sich, die Erbsenzähler der Finanzcontroller haben die Macht in vielen Firmen und Gemeinden übernommen. Jede Entscheidung wird darauf überprüft, ob wirklich die günstigste Variante gewählt wird oder ob andere Firmen den Job preiswerter erledigen können.

Kloten weist mit den Flughafenfirmen ein grosses Potential an juristischen Steuereinnahmen auf, wenn alles gut geht, ist das super. Aber wenn, es zu Turbulenzen kommt- auch das haben wir mit dem Verlust der Swissair erlebt – dann sind auch wir wieder am Sparen, Rappen umdrehen und Leistungen überdenken.

 

Seit ich im Gemeinderat bin, verabschieden wir jeweils Budgets mit mehrere Millionen Defizit.

Im Geheimen atmen viele Gemeinderäte jeweils erleichtert auf und sind froh, wenn es dann beim Rechnungsabschluss Überschüsse gibt und das Eigenkapital der Stadt wieder höher ausfällt als budgetiert. So sollte es hoffentlich ohne Steuererhöhungen möglich sein, all die anstehenden Renovationen und Erweiterungen von unseren Schulhäusern umsetzen zu können.

Ein weiteres Thema bewegt Kloten. Fast wie im Computerspiel Sim City werden Häuser abgebrochen und durch neue grössere Gebäude ersetzt. Viele langjährige Mieter haben plötzlich neue Wohnungen suchen müssen. Nicht immer wurden sie in Kloten fündig, sondern sie wichen nach Lufingen, Embrach oder noch weiter in die Region aus. Zwar realisierten unterdessen die Bauherren, dass es ein grosses Bedürfnis nach kleineren Wohnungen gibt, aber die Mietzinse für die ehemaligen Bewohner sind meistens teurer als vorher.

 

Nach den Sommerferien wird die SP Kloten eine Initiative starten, welche «Wohnen für alle» ermöglichen soll, in dem in der Gemeindeordnung ein entsprechender Paragraph als Auftrag an alle städtischen Gremien eingetragen werden soll. Damit es soweit kommt braucht es jedoch noch eine positiv verlaufende Volksabstimmung.

 

Solidarität mit der Bergbevölkerung anhand des 1. Augustabzeichens aber auch Solidarität unter der Klotener Bevölkerung ist wichtig und nötig. Der Verein freiwillig@kloten fördert dies gezielt. Viele gute Ansätze sind vorhanden und beweisen, dass das freiwillige Engagement in Kloten grosse Wertschätzung geniesst und geschätzt wird. Der Verein hat turbulente Zeiten hinter sich, weil im Parlament von Seiten der SVP und FDP das finanzielle Engagement durch die Stadt minuziös hinterfragt wurde. Die Verantwortlichen haben mit viel Ausdauer und Engagement erreicht, dass eine Koordinationsstelle geschaffen werden konnte, welche die Unterstützung von betagten Menschen, Vereinen und Anlässen durch Freiwillige organisiert. Ein wichtiges Hauptziel ist des Vereins ist der längere Verbleib in den eigenen Wohnungen für ältere Menschen.

 

Wir haben heute in Kloten keine Altersheime mehr, mit rüstigen Bewohnern, sondern es hat ein Wechsel zum reinen Pflegeheim stattgefunden. In Kloten wird in Abstimmung mit der Seniorenkommission dafür gesorgt dass alte Menschen, wenn die Familien- oder Nachbarschaftshilfe nicht mehr ausreicht mit Spitexleistungen ergänzt wird. Eine grosse Schar Freiwilliger tätigen mit den älteren Menschen Einkäufe, fahren mit ihnen zu Ärzten, Coiffeur oder machen regelmässige Besuche, um der Vereinsamung entgegen zu wirken. Mit dieser gezielten Unterstützung wird der Eintritt in eine Alterswohngruppe oder ins Pflegeheim so lange hinausgeschoben. Dies entspricht dem Wunsch von den meisten älteren Menschen.

 

Ich gebe zu, ich habe nicht viel Ahnung wie es in einem Pflegeheim zugeht, da meine Eltern noch zu Hause wohnen. Was ich weiss, ist, dass regelmässige Besuche durch Angehörige, Vertreter der Kirchgemeinden und Ausstellungen stattfinden. Auch hier wirken Freiwillige vor Ort und zur Krönung dient hoffentlich die 1. August Rede von mir.

 

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit an diesem heissen Tag. Ein herzliches Dankeschön auch allen Klotener Freiwilligen von den Vereinen und Kirchen, welche sich für ein lebenswertes und interessantes Kloten einsetzen.

 

In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen solidarischen 1. August.